Zwei junge verliebte Männer in den 80er Jahren in Polen. Eine Liebe, die keine Zukunft hat und die nicht existieren darf. Der Debütroman von Tomasz Jedrowski wird international gefeiert und ist nun auch auf Deutsch bei Hoffmann & Campe erschienen. Wie mir „Im Wasser sind wir schwerelos“ gefallen hat, erfahrt ihr jetzt in meiner Rezension.
Klappentext
Ein Sommer. Eine Liebe. Ein unvergesslicher Roman über das, was zählt. Über den letzten Sommer der Jugend. Über Liebe und Verlust. Und über die Opfer, die wir bringen, um aufrecht durchs Leben zu gehen.
Ludwik ist verliebt. Es ist der Sommer nach dem Examen, ein Sommer, in dem alles anders wird. Denn Ludwik ist verliebt in Janusz, eine Unmöglichkeit in Polen im Jahr 1980. Zu zweit verbringen sie magische Tage an einem verborgenen See im Wald. Hier können sie sich einander offenbaren, hier erleben sie die große Liebe. Doch irgendwann ist der Sommer zu Ende, sie müssen zurück in die Stadt. Die Welt befindet sich im Umbruch, Ludwik träumt von der Flucht in den Westen, Janusz wählt eine Karriere innerhalb des Systems. Ludwik muss sich entscheiden: für ein Leben voller Heimlichkeiten – oder den Mut, er selbst zu sein.
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Rezension
Der polnische Autor schreibt über eine geheime Liebe, das Aufwachsen in einem sozialistischen Polen und die Ängste, Hoffnungen und Wünsche seiner Figuren. Der Protagonist Ludwik erzählt die Geschichte Janusz. Er spricht ihn direkt an und jedes Mal liest sich der Schmerz aus diesen Sätzen. Das Geschriebene richtet sich an seine grosse Liebe. Trotzdem nimmt er uns mit auf eine Reise inmitten der Natur, in der sich diese Liebe zwischen den zwei Männern entfaltet. Ludwik, der so unsicher ist, wer er ist und wer er sein möchte, der sich selbst hasst und trotzdem nicht von diesen Gefühlen loskommt. Und dann Janusz, den wir nur durch die Perspektive von Ludwik kennenlernen. Scheinbar perfekt, begehrenswert und so werden wir genauso blind vor Liebe, wie Ludwik selbst. Jedes Wort richtet sich an ihn. Die Liebe spürbar. Jedrowski schreibt poetisch, die Worte scheinen perfekt gewählt, ein aufstrebender Schriftsteller, von dem wir in Zukunft bestimmt noch viel lesen werden.
Wir dürfen miterleben, wie zwei Welten aufeinander kollidieren und für einen Augenblick alles so scheint, als könnte es für immer so bleiben. Die Berührungen zwischen den beiden, die schweigenden Momente und das Wasser in seiner Ruhe.
Die Rückkehr aus der Natur mitten ins Leben, wo ihre Liebe nicht existieren darf, trifft die Protagonisten gleichermassen wie uns als Lesende. Die Wärme entweicht und Kälte folgt. Gefangen in ihrem eigenen Land dürfen sie nicht sich selbst sein und nach und nach zeigt sich auch, weshalb die beiden so unterschiedlich sind. Ludwik, der das System hinterfragt und bereit ist für seine Freiheit auch etwas zu riskieren und Janusz, der sich an ein System klammert, dass ihn selbst gefangen hält.
Sie werden auseinandergetrieben und versuchen an etwas festzuhalten, das ausserhalb dieses Sees, der Natur, nicht zu funktionieren scheint. Aber Ludwik glaubt daran und möchte nicht aufgeben.
Fazit
«Im Wasser sind wir schwerelos» ist ein beeindruckendes Debüt, das von einer zerbrechlichen Liebe, Selbstsuche und Widerstand handelt. Eingebettet in einen historischen Kontext, der bedrückender kaum sein könnte. Jedrowskis Roman wird nicht ohne Grund gefeiert. Seine Schreibweise poetisch kreiert er eine Atmosphäre, die jede*n in den Bann zieht. Eine Liebegeschichte genauso wunderschön, wie herzzerreissend, die den Zeitgeist trifft. Dass ein polnischer Autor mit einem Buch über zwei schwule Männer in Polen eines der meistbeachtesten und von der Kritik gefeierten Bücher des letzten Jahres geschrieben hat, gibt auch der polnischen LGBTQI*-Community eine Stimme in dieser Zeit, in der Queerfeindlichkeit und LGBTQI* freie Zonen in Polen wieder ein Thema sind. Ein empfehlenswerter Roman, über eine verbotene Sommerromanze und ein vom Sozialismus beherrschtes Polen.
Ist „Im Wasser sind wir schwerelos“ von Tomasz Jedrowski empfehlenswert? JA! Unfassbar gut. Hat mich sehr berührt.
Bibliografische Angaben
Seitenzahl: 224 Seiten
Genre: Roman
Verlag: Hoffmann und Campe
Bestellnummer: 978-3-455-01117-3
Preis: 23,00 €
Übersetzt von Brigitte Jakobeit