«Ciao» von Johanna Adorján wird in den Feuilletons aktuell besprochen und der Gesellschaftsroman klang so interessant, dass ich beschlosse habe, ebenfalls reinzulesen. In meiner Rezension erfahrt ihr, wie mir Ciao von Johanna Adorján gefallen hat.
Klappentext
Hans Benedek, einst ein gefragter Feuilletonist, hat seinen Bedeutungsverlust selbst noch gar nicht realisiert. Er wähnt sich weiterhin als Mann von beträchtlichem Einfluss, glaubt, dass alle Welt die Ohren spitzt, wenn er einen Gedanken formuliert. Aber die Zeichen mehren sich, dass sich etwas verändert hat. Seine ständigen Affären mit Praktikantinnen sind nicht mehr so unbeschwert wie noch vor einigen Jahren. Seine Tochter beschimpft ihn als Mörder, da er immer noch Bacon zum Frühstück isst. Als seine Frau ihn auf die Idee bringt, ein Portrait über die gefragteste junge Feministin des Landes zu schreiben, wittert Hans seine Chance. Doch die Begegnung mit ihr wird Hans in einen Abgrund von bisher ungekannter Tiefe stürzen.
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Rezension
Ein mittelalter, weisser Journalist möchte über eine junge Feministin schreiben. Dabei treffen zwei Welten aufeinander und der sonst so selbstüberzeugte Journalist sieht sich plötzlich mit Kritik und Unsicherheit konfrontiert. Es geht um Privilegien, Sprache und Geschlechterrollen. Wir erleben den Fall einer TV-Legende mit und das unangenehme Abendessen zwischen der Frau des Journalisten und besagter Feministin Xandy Lochner. Eine Frau, die für die Gerechtigkeit kämpft, dabei aber keinen Rücksicht auf andere Menschen nimmt.
Adorján erzählt mit klugem Humor, der teilweise fast schon so intellektuell ist, dass die Grenze zwischen Komik und Ernsthaftigkeit sehr dünn ist. Sie hat überzeichnete Figuren kreiert. Hans Benedek, der Journalist, bemüht sich, gewisse Entwicklungen mitzugehen, aber zu sehr steckt er bereits in einer Denkweise und geniesst Privilegien, als dass er wirklich verstehen würde, was er ändern müsse. Darf er Frauen überhaupt noch Komplimente machen oder ist das schon ein Übergriff? Was bedeutet dieses MeToo eigentlich? Und wer ist im Moment gerade angesagt? Der Kulturjournalist versucht den Graben zwischen den Generationen zu überwinden, aber es mag ihm schlichtweg nicht gelingen.
Xandy Lochner dagegen lebt am Puls der Zeit, ja beeinflusst diesen sogar massgeblich. Sympathisch ist sie trotzdem nicht. Zu arrogant, zu kaltherzig begegnet sie den anderen Menschen. Ihr Ziel? Alte weisse Männer in Machtpositionen zum Fall zu bringen. Das gelingt ihr auch und mit ihren Anschuldigungen liegt sie auch richtig. Trotzdem braucht es eine gewisse Kälte, das durchzuziehen und so richtig nahbar wird uns die Feministin nie.
Der Roman vereint unterschiedlichste Themen auf gelungene Art und auch wenn die Akteure nicht mit Sympathie punkten, gelingt es der Autorin damit ganz viel zu transportieren. Denn am Ende zeigt der Roman auf, wie die älteren Generationen nicht immer mit der Zeit gehen und wie schwierig es dann sein kann, Gesellschaftliche Entwicklungen zu verstehen. Wie viel ist die jüngere Generation bereit zu tolerieren? Und wie kann ein Zusammenleben und eine gemeinsame Weiterentwicklung stattfinden?
Fazit
Johanna Adorján hat einen intelligenten Roman übers Älterwerden, Generationenkonflikte und Geschlechterrollen geschrieben. Dabei schafft sie es nicht nur humorvoll und unterhaltsam zu bleiben, es gelingt ihr auch, all diese Themen aus mehreren Perspektiven so zu beleuchten, dass die jeweiligen Generationen, am Ende ein gewisses Verständnis für die anderen empfinden. Sympathisch sind ihre Figuren alle nicht, manche regelrecht überzeichnet, aber sie hat die idealen Akteure für ihre Geschichte erschaffen. Ich vergebe 4 von 5 Sterne und empfehle euch das Buch, wenn ihr Sophie Passmann mögt, gerne die andere Generation besser verstehen möchtet und kluge Unterhaltung mögt.
Ist «Ciao» von Johanna Adorján empfehlenswert? Ja. Ein humorvoller, klug erzählter Roman über Generationenkonflikte, Feminismus und gesellschaftliche Entwicklung.
Bibliografische Angaben
- Verlag: Kiepenheuer&Witsch
- Erscheinungstermin: 08.07.2021
- Lieferstatus: Verfügbar
- 272 Seiten
- ISBN: 978-3-462-00171-6
- Autorin: Johanna Adorján
- Rezension – Ciao – Johanna Adorján
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